Tag 5 – Ruby Gap

Vier wundersame Tage waren wir draußen in der bizarren Bergwelt der Eastern McDonnalds Range im Herzens Australiens. Unwirtliche, rauhe, sagenhaft wilde Landschaft. Und nur mit unserem 4WD-Camper-Schlachtschiff zu erreichen. Was in Sri Lanka die wahnsinnige Verkehrsknödelei mit den anderen Mobilisten anrichtet, die lähmende Langsamkeit, schafft hier die Offroadpiste aus Geröll, tiefem Sand und grausligen Pistenbuckeln, die einen stundelang durchschütteln. Doch der Effekt wirkt natürlich gegenteilig und völlig entschleunigend. Hauptgrund: man begegnet niemanden! Den ganzen Tag! Nur sich selbst und seinem zu Beginn immer wieder hochfahrenden Sicherheitskatalog. Wie warnt man die Schlangen, damit sie sich verziehen (noch keine gesehen, ist auch zu kalt). Was tun bei Buschfeuer? (falsche Jahreszeit, äußerst unwahrscheinlich) Wie lange halten die alkoholischen Reserven? (Denn abends wird die Buschangst damit verjagt und der unvergleichliche Sternenhimmel bewundert). Vor drei Tagen erreichten wir Ruby Gap und begaben uns vorgestern auf eine lange Wanderung durch den bemerkenswerten Canyon. David Lindsay hatte 1888 an einem Wasserloch, den westlichsten, der von Leichhardt markierten Bäume gefunden. Er schnitt die Rinde ab, schaffte sie nach Adelaide zur Royal Geographic Society, doch dort verschwandt das wichtige Fundstück. Das Wasserloch konnten wir finden, denn es war nicht zu übersehen. Eine paradiesische, schilfbestandende Oase inmitten der großen steinernen und dornigen Wüstenei. Der Metalldetektor schwieg lange beharrlich, doch an einem großen altem Baum vermeldete er plötzlich Eisen. Wir gruben, doch fanden leider nichts. Irgendwann piepste auch der Detektor nicht mehr. Schade. Ein Moment der Spannung lag greifbar in der Luft, auch wenn wir vier uns nicht einbilden, Leichhardts Kiste zu finden, so ist das doch wie beim Lottospiel. Letztlich glaubt etwas in einem an die Sensation. 

Zumindest ausgraben wollen wir die Geschichte Leichhardts und dessen Folgen für den Deutschlandfunk in einem Feature, sowie filmisch auswerten für das erste Kapitel unseres Langzeitfilmprojektes „Das Nomadische Gen“.

Leider ist unsere Gruppe bei Beginn personell vom Schicksal ziemlich dezimiert worden. Isabel und Pascal mussten aus privaten Gründen in München bleiben. Das ist sehr traurig, denn über ein Jahr haben wir diese dreiwöchige Expedition gemeinsam geplant. Wir geben nun unser bestes, gute Töne und Bilder mit nach Hause zu bringen. Nur eine Ersatzkameradrohne steckt leider immer noch in den Fängen der lahmen Ente DHL und kam nicht pünktlich heute an. Nun geht es erstmal auf die 600km lange Horrorstrecke, genannt ausgerechnet Plenty Highway. Australischer Humor würde ich sagen. Rübe und ich haben uns schon einmal vor elf Jahren dieser zerrissenen Schotter-und Sandpiste hingegeben. Damals sagte eine Stimme zu mir, ich werde wieder kommen. Damals hatte mich Leichhardts Geschichte und sein Schicksal in den Bann genommen. Dieses mal möchten wir mehr die Folgen seines Entdeckertums ins Heute untersuchen. Denn der tapfere Humanist und Forscher öffnete mit seinen Entdeckungen leider auch das Tor zur Hölle für die Aborigines. Als der noch an den Küsten hockende Kolonist von den großen Weidegründen im Nordosten Australiens, von den großen Kohlevorkommen ebendort erfuhr, ergoss sich nach und nach eine zivilisatorische Walze der Vernichtung ins innere der Terra australis. Leichhardt ist dafür sicher nicht verantwortlich zu machen. Es gab ja noch einige Entdecker mehr. Seine Geschichte jedoch enthält das ganze Dilemma der zivilisatorischen Gährungsprozesse und der Grausamkeit wie Glorie unserer Spezies. Aus den Augen der uns begegnenden Aborigines spricht eine unausgesprochene massive Anklage. Den ersten Eindrücken nach kann man ihre Erscheinung nur als verloren empfinden. Doch noch sind dies erste flüchtige Begegnungen, wir wollen sehen, ob wir uns ihnen und ihren Geschichten wirklich nähern können. 

PS: Die nächsten vier Tage sind wir möglicherweise wieder ohne jedes Netz, bleibt einfach trotzdem dran. Wir in jedem Falle auch. 

Die Expedition

Australien 2019

Ludwig Leichhardt – Durch den Kern der dunklen Masse

In Down Under kennt ihn jedes Kind. Man nennt ihn auch den Humboldt Australiens. Flüsse, Berge, Pflanzen und ganze Distrikte sind nach ihm benannt.
Leichhardt wird 1813 am Schwielochsee geboren.
1841 reist er nach Australien, dessen Territorium nur zu einem Fünftel den englischen Kolonisten bekannt ist. Seine erste Expedition führt ihn auf eine Nordostpassage von Brisbane in das Gebiet des heutigen Darwin.

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Expeditionsblog

Expeditionsteilnehmer

Peter Adler
(Maler/Bildhauer)

Kai-Uwe Kohlschmidt (Autor/Komponist)

Arta Adler
(Ärztin/Schauspielerin)

Momo Kohlschmidt
(Schauspielerin/Sängerin)

Das Expeditionsrouting

Die Künstler von Mangan25 begaben sich vom 25. August bis 14. September 2019 auf erneute Spurensuche durch die Simpson Wüste.

Alices Springs → MacDonnell-Range → Ruby Gap → Mulligan-River → Boulia – Ross River →  Alice Springs

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