
Ein Toyota rollt vor. Weiß, abgerockt und lehmverschmiert. Es ist ein Pickup und unser Plunder türmt sich im roten Mergel vor ihm. Es hat geregnet, doch jetzt scheint die Sonne. Gaity und die Jeepcrew beginnen das unmögliche Tetris, alles zu verstauen, so daß auf der offenen Ladefläche die Größe eines Esstisches übrig bleibt, wo wir Manganer Platz zu nehmen gedenken. Uns an uns und die Rehling klammernd. Ein paar Synthetik-Seile halten den Plunder und wir halten uns an diesen fest. Für wie lange? Niemand kann das beantworten. Wenn schon ein Einheimischer sagt, die Piste nach Mindik ist sehr schlecht, ist sie für uns als solche wahrscheinlich gar nicht mehr vorstellbar. Doch Pastor Dick und den vielen neuen Freunden aus Junzaing winkend, setzt sich die Arche Noah in Bewegung. Schlappe 45km, zwei Bergrücken überwindend, Prognose 6 Stunden. Die ersten zwei Stunden haben wir noch den Spaß des Unbekannten. Die Piste ist doch ganz passabel. Es schaukelt und schlingert zwar gewaltig, aber das bisweilen nur Schrittgeschwindigkeit erreicht wird, stört uns noch nicht. Aus dem Auspuff bläst dauerhaft eine unfaßbar große, schwarze Wolke. Heizen die da vorn mit Koks? Ein Schmalspur-Dampfeisenbahn würde sich der Fontäne nicht schämen müssen. Es wird ruhig vor dem Mongi-River. 700 Meter tiefer. Ich vermeine im sonst so lustigen bethelgezeichneten Gesicht von Gais Anspannung zu lesen. Wir durchfahren Kulungtufu. Hier wollten wir eigentlich Station machen, aber es gab handfeste Zwistigkeiten zwischen den Clans der Hube und wir wollen das Gebiet nur durchqueren. Am Mongi-River läuft die unsichtbare Grenze der Macheten-Männer. Alles bleibt easy, nur unsere Hintern und Hände beginnen zu erlahmen. Wir bekommen bald Spaziergänge verschrieben, denn nach Pindiu hat die, bisher einem Rübenacker gleichende Piste nun neue Raffinessen auftischt.

Wahre Schlammhalden bilden nun den Kern der Road to Mindik. Selbst zu Fuß ist das kaum zu bewältigen. Der Jeep wird immer wieder herausgeschaufelt von der Crew und hat kaum das nötige Tempo, um uns ernsthaft einzuholen. Immer wieder aufsitzen, fünfzig Meter fahren und Schlamm watend einen Hang hinauf. Die Crew schaufelt reisetaschengroße Findlinge aus dem Modder. Man will es nicht glauben, der Jeep hat mehr Grip auf dem lehmigen Gammel, als auf den glitschigen Steinen. Unser Chefpilot pfeift sich eine Bethelpackung ein. Immer wieder blutrote Speifontänen des zerkauten Bethels der Crew, die sich auf dem Dach aufhält, irgendwie festhaltend im schlingerndem Vorwärts. Bei Stunde sechs beginnt es zu regnen. Wir sind mental im Scheißegalmodus, körperlich am Limit. Ausgelaugt, hungrig. Zwischendurch ein kleiner Bach, der Jeep wird im Hintergrund des Urwaldes gerade freigeschaufelt. Alle erfrischen sich. Ich springe schnell hinein. Doch alles umsonst, in einer halben Stunde ist man wieder genauso schlammverkrustet wie vorher.



Nach neun Stunden reiten wir in Mindik ein. Was unser Fahrer, die Crew und dieses Auto geleistet haben, vermag ich gar nicht zu fassen. Im irrwitzigen Gegensatz zur Modder of the raods legt sich uns eine wunderschöne Siedlung des Hinterländs mit einem warmherzigen Sing Sing zu Füßen. Mindik. Die Rasen sind kurz, die Blumen sehr prächtig und die Menschen so herzlich, auch ein wenig scheu. Hier war länger kein „white man“. Es ist der Heimatort von Pastor Gais und wir werden in sein Haus gebeten. Der Regen hält an und wir entscheiden zu rasten. Ein paar Tage vielleicht. Wir müssen uns sammeln, Wäsche waschen und das Viele verarbeiten, für den Film, das Hörspiel und alles andere. Den schlammigen Weg nach Oregenang können wir uns jetzt gut vorstellen und wollen es dabei belassen, um Kräfte zu sparen, für den Weg in die Grasslands. Es wird wie immer schnell dunkel in den hohen Tropen. Ein gigantisches Insekt (wohl eher ein Flughund?) killt an der Neonröhre handgroße Schmetterlinge.
1 Kommentar zu „Modder of the roads“
Bleibt tapfer. Wie schon Heiner Müller sagte, der Kampf gegen den Schmutz ist von vorherein verloren. Da schwingt wohl der immer währende Kampf zwischen Natur und Kutur mit. Den erlebt ihr nun hautnah. Das muss verstören, aber gut, wenn ihr einen Umgang findet. Ich bin mit Euch und bleibe am Ball.
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