Bootskoller

Bootskoller

/ / Schottland
Er kommt, da kann man machen, was man will. Es sind einfach nur round-about fünfundzwanzig Quadratmeter Platz für uns acht und irgendwann platzt einem das Oberstübchen, vom ewigen Gesumm der nahen Freunde, vom dauerhaften Gewitzel, vom Schwätzchen, vom Gekreisch ab neun Uhr abends. Wir haben vier winzige Kabinen, zwei kleine Toiletten, einen schmalen Salon unter Deck und das immer nass-kalte Oberdeck. Selbst wenn, wie wir, alle gut drauf sind, kann einem das gehörig auf die Ketten gehen. Habe ich gesagt, auf die Ketten gehen? Unsinn. Es ist die Hölle, der Horror, der blanke Furor. Diese Bande! Wir sind  Laberbären, Debile, Witznudeln, Quasselstrippen, Besserwisser, Nörgelköppe, Jammerlappen und Seeamateure. Und Punkt, Punkt, Punkt. Und drei Ausrufezeichen!  Eine elende Runde Hyperaktiver in einem schwimmenden Mäuseloch. Ich halt mir die Ohren zu. Es gibt kein Entrinnen. Der Bootskoller, dammich! Und immer denkt man natürlich nur an sich. Wer weiß, wie es den anderen geht und wann sie ihren Koller in einem Fluch verdrücken und mal im Kabinchen verschwinden, scheinfröhlich zurückkehren (wer weiß, was die da machen) und sich versuchen, zu resozialisieren. Fast immer angenehm dann, wenn ein seglerisches Manöver uns wieder zur Mannschaft werden läßt und man sinnvolle Dinge tun muss. Winschen, fendern, Leinen ...
Die Entdeckung der Eiszeit

Die Entdeckung der Eiszeit

/ / Schottland
Nach dem Atlantik und der Nordsee werden wir nun unser drittes Revier in Angriff nehmen. Die Highlands von Schottland. Sie werden von einer großen tektonischen Verwerfung, die des Great Glen durchbrochen. Der renommierteste Ingenieur Britannien Thomas Telford ließ zwischen den tiefen Seen von Loch Ness, Loch Loch und Loch Oich  zwischen 1803 und 1822 den Kaledonischen Kanal ausheben.  Neunundzwanzig Schleusen erwarten uns und für mein Radio-Feature meine Kerngeschichte, die des Louis Agassiz. Die Entdeckung der Eiszeit. Louis Agassiz Im Jahr 1840 durchstreifte Louis Agassiz die Highlands von Schottland. Der berühmte Gletscherforscher war seit einigen Jahren einer abenteuerlichen Idee aufgesessen. Die Formung der europäischen Landschaft, die Herkunft all der seltsamen Findlinge und eratischen Blöcke konnte eine bisher nicht gedachte Ursache haben. Es musste eine ungeheure Vereisung stattgefunden haben. Als er das Tal von Glen Roy erreichte, ist er überwältigt und sieht sich bestätigt. Die gigantischen Terassen des Tales sind eindeutig von glacialer Hand geschaffen. Doch wo sollte ein massiver Gletscher im relativ niedrigen, schottischen Gebirge seinen Ursprung haben? Es gab nur eine Erkärung. Es muss ein Zeitalter der großen Kälte gegeben haben. Eine Eiszeit. Die Wissenschaft hörte dem renomierten Forscher wohlwollend zu, gleichwohl erklärten sie ihn viele Jahre lang für besessen ...
Schlickspiele um Mitternacht oder „Tidenkummer lohnt sich nicht, my darling“ ...

Schlickspiele um Mitternacht oder „Tidenkummer lohnt sich nicht, my darling“ …

Also: Helmsdale. Das Anlegemanöver in Wick, unserem vorherigen Halt, lief noch ab wie aus dem Lehrbuch: wir machten so smooth an der Pier fest, wie der Fettfleck auf der Hühnersuppe am Tellerrand anlegt. Beim Auslaufen am nächsten Morgen-nach unserem Bergfest (s. Momos voriger Eintrag)-raten uns die Jungs von der Lifeboat-Crew in Wick noch zum Einlaufen in Lossiemouth, aber das wäre ein Schlag von über 45 Seemeilen, und die haben wir für diesen Tag so überhaupt nicht auf der Rechnung. Also: Helmsdale. Da sieht das Anlegemanöver dann anders aus ... In unserem Bord-Vademecum ist Helmsdale als kleiner Fischerhafen beschrieben, ohne Tiefgangsbeschränkung; allerdings befinde sich in der Einfahrt eine kleine Sandbank, auf die solle man bei Niedrigwasser achten. ( Ham ja zuhause sowieso immer alle gesagt, wenn es um den Törn ging – Tide, Tide, Tide ...) Der Skipper sagt auf halber Strecke, ich soll mal da in Helmsdale anrufen und den Hafenmeister fragen, wie das aussieht, ob das sicher ist, dann und dann da reinzufahren ... Nun bin ich zwar des Englischen zwar so einigermaßen mächtig; aber erstens reden hier alle im Schottischen Idiom-wir sind in Schottland(?!)-und zweitens geht es ja in solch einer Situation nicht darum, einfach mal n Bier zu ...
Bergfest und neue Wasser

Bergfest und neue Wasser

/ / Schottland
Wir liegen im Hafen von Wick am Schwimmsteg und stellen fest, dass wir exakt die Hälfte unserer Reise hinter uns?... oder vor uns?... haben. Wir sind ein bisschen erschrocken. Eigentlich fühlt es sich so an, als seien wir gerade los gereist und gleichzeitig schwingt in uns ein Gefühl von gemeinsam erfahrener Ewigkeit. Wir tragen Schottland, dieses wunderbare Stückchen Erde, schon lange in uns. Die Menschen hier sind von unfassbarer Freundlichkeit und mit einem gutem Humor unterwegs. Die Landschaft ist von ausgeprägtem Charakter, wie die Gesichter der Schotten. Vielfältig und um jede Ecke anders. Hohe Berge und Felsen im Westen, Steilküsten, rau und schroff im Norden. Berge weich geschwungen und in einem satten Grün im Osten. Die Küsten strecken ihre Arme einladend nach uns Reisenden aus. Überall möchte man anlegen. In Höhlen kriechen, auf Klippen sitzen, das Grün berühren. Da wir ja auf dem Wasser reisen hat man manchmal das Gefühl, dass wir Schottland nur von außen ankratzen.  Und manchmal denke ich, wir sehen alles immer nur aus der Ferne, wie durch die Kameralinse, mit Ausnahme der Nächte, die wir in Häfen liegen. Eine Insel, die ein Insel umkreist. Aber das stimmt so nicht. Wir umarmen Schottland mit dieser Reise und ...
Scapa No

Scapa No

/ / Schottland
Langsam cruist unsere „Raphy G“ in die Scapa Flow hinein. Wir haben Stromless verlassen und wir fahren in die große Bucht, in der eine besondere Geschichte versenkt ist. Wir sind gespannt, ob das unsichtbare noch fühlbar ist. Verschiedene Karten werden heraus geholt, Fotos verglichen und deutsche Namen fallen. Kronprinz Wilhelm, Markgraf, Bayern und Friedrich der Große. Auf den Seekarten sind Umrisse verzeichnet. Lange ovale Flächen, die sich uns nähern und sich unter der ruhigen, bleiernen See befinden. Dann ist es soweit. Dietmar sagt, das ist sie, die „Dresden“. Wir befinden uns jetzt genau darüber. Der Umriss des Schattens auf dem Display unseres Navis weist eine Länge von 150m und 13m Breite auf. Es ist Seiner Majestät Schiff „Dresden“, ein Kreuzer der Kaiserlichen Marine. Schaut man in die Vitas der 71 Schiffe, die sich 1919 hier selbst versenkten, findet man wenig Ruhmreiches, viel Trauriges, manch Kurioses. Die „Dresden“ war eine Neuauflage eines gleichnamigen Kreuzers, dessen Hang zum Suizid, dem Erbauer zu denken hätte geben sollen. Das Wrack des Vorgängers liegt vor der Robinson-Crusoe-Insel im Pazifik nahe Chile. Ebenfalls selbstversenkt. Der Wahn und die Hybris der europäischen Majästeten hatte die Europäer millionenhaft zur Schlachtbank geführt. Irgendwer schrieb mal, nur der Mensch ist ...

Die Expedition

Schottland 2017

Paradigma – Rund Schottland   Noch starrt das Land von fremden Zentnermassen. Wer gibt Erklärung solcher Schleudermacht? Der Philosoph, er weiß es nicht zu fassen. Da liegt der Fels, man muß ihn liegen lassen. Zuschanden haben wir uns schon gedacht. (Aus „Faust 2“ von Johann Wolfgang von Goethe) Im Jahr 1840 durchstreift Louis Agassiz

Weiterlesen »

Expeditionsblog

Expeditionsteilnehmer

Peter Adler
(Maler/Bildhauer)

Kai-Uwe Kohlschmidt (Autor/Komponist)

Momo Kohlschmidt
(Schauspielerin/Sängerin)

Wolfgang Wagner
(Schauspieler/Übersetzer)

Katharina Groth
(Schauspielerin)

Dietmar Arnold
(Stadt- und Regionalplaner/Autor)

Ariane Afsari
(Historikerin)

Thomas Kney
(Skipper)

Das Expeditionsrouting

Die Künstler von Mangan25 begaben sich im August 2017 für ein Radiofeature auf Spurensuche. Mit einer Segelyacht sollte das Thema reisend eingekreist und untersucht werden. Rund Schottland hieß der Kurs und führte die Reisenden einmal rund um Schottlands Küsten.

Glasgow → Oban → Tobermory → Dunvegan →  Stornoway → Kinlochbervie → Thurso → Stromness → Wick → Helmsdale → Inverness → Loch Ness → Banavie → Iona → Tobermory → Oban → Glasgow

Nach oben scrollen
Secured By miniOrange