Wir rumpeln in eine Wolke. Dichter Nebel und Nieselregen. Der Jeep hält. Steckt fest im roten Schlamm. Ein Meter tief. Unser Kommando springt ab. Mit sehr ernster Miene. Sie machen sich an die Arbeit. Noch schneller und entschlossener als die vergangenen acht Stunden schon. Steine zerhacken und in die Modderfurchen kippen. Äste und Zweige auf die verpampte Furche legen, damit der Toyota Grip bekommt. Unser Peaceofficer aus Mindik öffnet seine ABV-Tasche und entsichert seinen alten silbernen Prügel. Ist das Ding echt oder ein Zigarettenanzünder? Die Knarre bedeutet nichts Gutes. Im Pindiu-Area herrscht seit zwei Jahren Anarchie. Nach mehreren Morden gibt es hier keine Polizei, keine Regierung. Anders als bei unser Hinreise ins Hinterländ, wissen die Bastarde inzwischen Bescheid, dass wir in dauerberegneten Mindik hocken und irgendwann die einzige Straße, die Modder of the roads zurück müssen. Stupid White Money.
Der Jeep schnauft vor und zurück, bäumt sich auf, verpresst Schlammmassen, Dreck spritzt in Fontänen hoch. Unsere zehnköpfige Crew zieht und schiebt. Es nützt nichts. Auch die Weißen müssen vom Bock. Wir sollen nicht, wie sonst, den Berg schon mal hochlaufen, sondern hier beim Auto bleiben. Die Dämmerung ist vorangeschritten und wir sehen nur Schemen. Erwischt es uns hier doch noch?
Mein Hintern ist wund. Er hatte mehrere Stunden auf der harten Ladfläche des Toyota die Gruben und Schlammlöcher des Hinterländs durchmessen. Im engen Menschenknäuel der Manganer und der Jeepcrew. Die Unmöglichkeit sich zu bewegen. Dann riet mir Momo, mir einen zerflederten Badelatsch untern den Po zu stecken. Der würde die Stöße abmildern. Das tat er dann auch. Später sah ich wie Goreg, den Wagen mit den anderen durch eine Schlammfurche schieben. Der eine Fuß barfuß, am anderen der zweite Badelatsch. Meine Gesäßschmerzen ließen meine moralischen Bedenken schrumpfen. Ich blieb auf dem zweiten sitzen. Goreg brauchte wohl bloß einen. Ich schämte mich dennoch. Innerlich, versteht sich.
Jetzt tritt Goreg an mich heran. Er ist ein Mann der klaren Worte. Er hatte Irene schon vor den Grasslands gewarnt. Dass das nicht mal die Einheimischen machen würden. Er erzählt mir eine kleine Geschichte vom letzten Weihnachten. Als genau hier, wo wir uns gerade fest gefahren haben, ein Jeep überfallen und eine Frau getötet wurde. Sie machen keine Gefangenen. Deshalb ist das kein guter Ort zum Verweilen. Ich verstehe. Die Rache für den Badelatsch. Doch die Geschichte stimmt und meine Angst ist echt. Es wird immer dunkler. Dann haben sie es mal wieder geschafft und unseren Jeep befreit. Diese Teufelskerle. Aufsitzen. Ich quäle mich in Position, auf Goregs Badelatsch. Die Männer mahnen flüsternd zur Eile. Mit seinem großen Zeh taxiert unser Mann am Steuer das Gaspedal. Er hat kein Namen, man nennt ihn den Driver. Er bringt den Speed auf die Pampe und fährt uns aus der Scheiße raus. Noch weitere drei Stunden lang.

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1 Kommentar zu „Elf Stunden auf einem Badelatsch“
Welch ein Kontrast zum Leben in der europäischen Sicherheits- und Wohlfühlzone, wo das Existenzielle sich nur noch in Träumen meldet!
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